Vorsorge für Alter und Krankheit

Jeder möchte sein Alter am liebsten „bis zum letzten Atemzug“ bei guter Gesundheit und klarem Verstand erleben. Vielen ist dies nicht vergönnt. So kann es durch Unfall, aber auch alters- und krankheitsbedingt zu einer Situation kommen, in der man „seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann“. Das Gesetz sieht in § 1814 BGB für diese Situationen vor, dass durch das Betreuungsgericht (das ist eine Abteilung des zuständigen Amtsgerichts) ein sog. rechtlicher Betreuer bestellt wird. Vereinfacht kann man sagen, dass das, was bei Minderjährigen, die ihre Eltern verloren haben, der Vormund ist, bei erwachsenen Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr regeln können, der Betreuer ist. Dieses vom Gesetzgeber – eigentlich als gute Fürsorgemaßnahme gedachte – Konzept der vom Gericht angeordneten (und überwachten) rechtlichen Betreuung hilfebedürftiger Personen wird von vielen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gewünscht.
Wer eine rechtliche Betreuung für den Fall, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selber regeln kann, vermeiden will, dem steht die Möglichkeit einer sog. Vorsorgevollmacht zur Verfügung. Denn das Gesetz sagt auch, dass derjenige, der eine umfassende Vorsorgevollmacht errichtet hat, keinen rechtlichen Betreuer erhalten soll.

Gerne berate ich Sie zu diesem wichtigen Themenkreis. Denn Vorsorgevollmachten sollten gut überlegt sein und sind keine Erklärungen, die man mal eben so „zwischen Tür und Angel“ unterschreiben sollte. Vorsorgevollmachten lösen nämlich eine Vielzahl von Fragen aus. Wie weit sollen die mit einer Vorsorgevollmacht erteilten Befugnisse gehen? Wem kann ich so vertrauen, dass ich ihm eine so weitgehende Befugnis, wie sie üblicherweise mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht verbunden ist, einräume? Bestehen Missbrauchsgefahren? Wem kann ich eine so weitgehende Verantwortung, wie sie mit einer Vorsorgevollmacht einhergeht, „aufbürden“? Sind Eheleute nicht ohnehin berechtigt, sich im Krankheitsfall umfassend zu vertreten? Was hat es mit dem seit dem 1. Januar 2023 geltenden Ehegatten-Vertretungsrecht in Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge auf sich (§ 1358 BGB)? Soll man (und wenn ja wie) bei Eheleuten auch den Fall regeln, dass der länger lebende Ehegatte oder beide Ehegatten ihre Angelegenheiten nicht mehr regeln können? Sollen dann schon Kinder mit in die Vollmacht aufgenommen werden? Was gilt, wenn mehrere Kinder da sind? Soll für sie das sog. „Vier-Augenprinzip“ (d. h. dass immer zwei Kinder zusammen handeln müssen) gelten oder ist das unpraktisch? Reicht es nicht aus, eines der unzähligen, im Internet oder sonstigen Medien verfügbaren (guten, z. B. vom Bundesjustizministerium erstellten, oder auch weniger guten) Muster zu unterschreiben? Wie kann man Vollmachten im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen? Was versteht man unter einer sog. Betreuungsverfügung? Wie hängt das Thema „Vorsorgevollmacht“ mit dem ebenso wichtigen Thema „Patientenverfügung“ zusammen?

Nach einem Beratungsgespräch mit mir zu all diesen Fragen können Sie dann in Ruhe entscheiden, ob Sie eine Vorsorgevollmacht notariell beurkunden lassen wollen oder nicht. Die Beurkundung hat (neben der Beratung) viele Vorteile: Notariell beurkundete Vollmachten genießen im Rechtsverkehr eine hohe Akzeptanz; sie berechtigten grundsätzlich (im Gegensatz zu nur handschriftlichen Vollmachten) auch zu Immobiliengeschäften, was im Einzelfall ganz wichtig sein/werden kann, und schlussendlich gibt es einen ganz praktischen Umstand, der für die notarielle Beurkundung spricht: Wenn man eine insbesondere vor längerer Zeit erstellte Vollmacht zu Hause nicht mehr wiederfindet (so etwas kommt häufiger vor als man denkt), kann man sich bei dem Notar, der die Vollmacht beurkundet hat, (oder dessen Amtsnachfolger) eine neue sog. Ausfertigung der Vollmacht erteilen lassen, die dann wieder (wie das verlorengegangene Exemplar) im Rechtsverkehr eingesetzt werden kann. Geht hingegen das Original einer nur handschriftlich errichteten Vollmacht verloren, ist sie nicht mehr „reproduzierbar“ und damit letztlich unbrauchbar.